Kapitel 9: Bevölkerung und Migration – Menschen in Bewegung und im Wandel

Wie viele Menschen leben auf der Erde? Werden es immer mehr? Und warum ziehen Menschen von einem Ort zum anderen? Diese Fragen beschäftigen sich mit der Bevölkerungsentwicklung und der Migration. Es geht darum, wie sich die Anzahl und die Zusammensetzung der Menschen in einer Region oder weltweit verändern und welche Gründe und Folgen diese Veränderungen haben. Wir werden uns wichtige Kennzahlen ansehen, um Bevölkerungen zu beschreiben, das berühmte Modell des demografischen Übergangs kennenlernen und verstehen, warum und wie Menschen wandern.

Einen ersten Einblick in globale Bevölkerungstrends und wichtige Indikatoren geben die Grafiken und Tabellen im "Datenblatt Demografie – Indikatoren und Trends" (basierend auf Datenreport 2015 und 2022) und die Weltbevölkerungstrends im Prezi-Mindmap-Ausschnitt (Arbeitsdossier Woche 11, S.11ff.).

Demografie: Die Lehre von der Bevölkerung

Die Demografie untersucht, wie sich Bevölkerungen zahlenmässig entwickeln und wie sie sich zusammensetzen (z.B. nach Alter und Geschlecht).

Wichtige demografische Indikatoren (Kennzahlen)

Um Bevölkerungen zu beschreiben und zu vergleichen, nutzen Demografen verschiedene Indikatoren:

Das "Datenblatt Demografie" enthält viele dieser Indikatoren für verschiedene Länder und Aufgaben dazu. Die Formeln für Bevölkerungswachstum und Verdopplungszeit sind im Prezi-Mindmap-Ausschnitt unter "Wichtige Bevölkerungsindikatoren" (Arbeitsdossier Woche 11, S.18-22) zu finden.

Frage (basierend auf Datenblatt Demografie, Frage 7): Erklären Sie die Indikatoren „Fertilität“ und „Ersatzniveau der Bevölkerung“.

Antwort einer gut vorbereiteten Schülerin:

Frage (basierend auf Datenblatt Demografie, Frage 4): Was kann mit der Geburten- und Sterberate berechnet werden?

Antwort einer gut vorbereiteten Schülerin: Mit der Geburtenrate und der Sterberate kann die natürliche Wachstumsrate einer Bevölkerung berechnet werden. Man subtrahiert die Sterberate von der Geburtenrate. Ist das Ergebnis positiv, wächst die Bevölkerung auf natürliche Weise; ist es negativ, schrumpft sie. Diese Rate berücksichtigt keine Wanderungsbewegungen (Migration).

Altersstruktur und Bevölkerungspyramiden

Die Altersstruktur einer Bevölkerung (also wie viele junge, mittelalte und alte Menschen es gibt) wird oft grafisch als Bevölkerungspyramide dargestellt. Die Form der Pyramide gibt wichtige Hinweise auf die demografische Situation und zukünftige Entwicklung eines Landes:

Das "Arbeitsdossier - Woche 11" enthält auf Seite 2 eine Bevölkerungspyramide für China 2020, die interpretiert werden soll. Weitere Beispiele und die Grundformen sind im Prezi-Mindmap-Ausschnitt unter "Bevölkerungspyramiden" (S.24) dargestellt.

Frage (aus Übungsaufgaben Serie 1, Frage 4a): Bennen Sie die Formen der Bevölkerungspyramiden. Pyramide 1: ...? Pyramide 2: ...?

Antwort einer gut vorbereiteten Schülerin: Um die Formen exakt zu benennen, müsste ich die Pyramiden sehen. Generell unterscheidet man:

(Die Pyramiden aus der Aufgabe zeigen vermutlich eine Urnenform für ein europäisches Land mit niedriger Geburtenrate und eine eher glockenförmige oder sich verjüngende Pyramide für ein anderes europäisches Land.)

Der Demografische Übergang

Das Modell des demografischen Übergangs beschreibt den typischen Wandel der Geburten- und Sterberaten in einem Land während seiner Entwicklung von einer Agrar- zu einer Industriegesellschaft und darüber hinaus. Es hat meist 4-5 Phasen:

  1. Prätransformative Phase (Vorbereitung): Hohe, nahe beieinander liegende Geburten- und Sterberaten; geringes Bevölkerungswachstum.
  2. Frühtransformative Phase (Einleitung): Sterberate sinkt (bessere Hygiene, Medizin, Ernährung), Geburtenrate bleibt hoch; Bevölkerungswachstum steigt stark an ("Bevölkerungsschere öffnet sich").
  3. Mitteltransformative Phase (Umschwung): Geburtenrate beginnt zu sinken (Veränderung der sozioökonomischen Bedingungen, Familienplanung); Wachstumsrate verlangsamt sich.
  4. Spättransformative Phase (Einlenken): Geburten- und Sterberate niedrig und nahe beieinander; geringes Wachstum oder Stagnation.
  5. Posttransformative Phase (Ausklingen): Geburtenrate kann unter die Sterberate fallen; Bevölkerung schrumpft (wenn nicht durch Zuwanderung ausgeglichen).

Eine detaillierte Grafik zum demografischen Übergang mit den Phasen und typischen Bevölkerungsstrukturen (Pyramidenformen) findest du im Prezi-Mindmap-Ausschnitt (Arbeitsdossier Woche 11, S.23).

Bevölkerungspolitik am Beispiel Chinas

China ist ein extremes Beispiel für den Einfluss staatlicher Bevölkerungspolitik. Nach einer Phase des starken Bevölkerungswachstums unter Mao Zedong ("Es ist eine ausgezeichnete Sache, dass China eine grosse Bevölkerung hat") führte die Regierung 1979 die strenge Ein-Kind-Politik ein, um das Wachstum zu bremsen. Diese Politik hatte weitreichende soziale und demografische Folgen:

Die Politik wurde später gelockert (Zwei-Kind-Politik, dann Drei-Kind-Politik), aber die Geburtenraten bleiben niedrig.

Im "Arbeitsdossier - Woche 11" sind auf den Seiten 2-4 Texte und Grafiken zur Bevölkerungsdynamik und -politik in China, inklusive der Interpretation der Bevölkerungspyramide und der Auswirkungen des "Grossen Sprungs nach vorn".

Migration: Menschen in Bewegung

Migration bezeichnet die dauerhafte oder längerfristige Verlagerung des Wohnsitzes von einem Ort zu einem anderen. Man unterscheidet Binnenmigration (innerhalb eines Landes) und internationale Migration (grenzüberschreitend).

Warum wandern Menschen? Push- und Pull-Faktoren

Die Gründe für Migration sind vielfältig. Das Push-Pull-Modell nach Everett S. Lee hilft, sie zu verstehen:

Das Lee's Migration Modell ist im "Arbeitsdossier - Woche 11" auf Seite 5 und 6 grafisch dargestellt und erläutert.

Frage (aus Übungsaufgaben Serie 3, Frage 4c): Erklären Sie was Pushfaktoren sind.

Antwort einer gut vorbereiteten Schülerin: Push-Faktoren sind Bedingungen oder Umstände im Herkunftsland oder der Herkunftsregion einer Person, die sie dazu bewegen oder drängen, diesen Ort zu verlassen. Es handelt sich also um abstossende Faktoren. Beispiele für Push-Faktoren können sein: Krieg, politische oder religiöse Verfolgung, Naturkatastrophen, Armut, hohe Arbeitslosigkeit, mangelnde Bildungschancen, schlechte medizinische Versorgung oder fehlende Zukunftsperspektiven.

Arten und Folgen von Migration

Es gibt verschiedene Formen der Migration (z.B. Arbeitsmigration, Flucht, Familiennachzug, Bildungsmigration). Migration hat sowohl für die Herkunfts- als auch für die Zielländer vielfältige Konsequenzen:

Beispiele für verschiedene Migrationsszenarien (Pakistanische Flüchtlinge, Sahelzone, Hochqualifizierte, Schweizer Bauern etc.) findest du im "Arbeitsdossier - Woche 11" auf Seite 7. Die Aufgaben zur Arbeitsmigration (S.9) behandeln die Situation in arabischen Staaten.

Frage (aus Übungsaufgaben Serie 3, Frage 4b): Im Arabischen Raum gibt es sehr viele Arbeitsmigranten aus Südasien (Nepal, Bangladesh, Pakistan). Erklären Sie die Konsequenzen dieser Form der Arbeitsmigration für die asiatischen Herkunftsländer.

Antwort einer gut vorbereiteten Schülerin: Für die asiatischen Herkunftsländer wie Nepal, Bangladesh oder Pakistan hat die Arbeitsmigration in den Arabischen Raum sowohl positive als auch negative Konsequenzen:

Flucht und Asyl

Eine besondere Form der Migration ist die Flucht. Flüchtlinge sind Personen, die ihr Herkunftsland aus begründeter Furcht vor Verfolgung (wegen Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung) verlassen haben und internationalen Schutz suchen. Binnenvertriebene (IDPs) sind Personen, die innerhalb ihres eigenen Landes geflohen sind. Asyl ist der Schutz, den ein Staat Flüchtlingen gewährt.

Aktuelle Zahlen zu weltweiten Flüchtlingsströmen und Binnenvertriebenen werden von Organisationen wie dem UNHCR veröffentlicht (siehe Prezi-Mindmap-Ausschnitt "Akutelle Flüchtlingsströme", Arbeitsdossier Woche 11, S.37).

Migration in der Schweiz: Vom Aus- zum Einwanderungsland

Die Schweiz hat sich historisch von einem Auswanderungsland (z.B. im 19. Jahrhundert wanderten viele Schweizer Bauern aus) zu einem klassischen Einwanderungsland entwickelt. Wichtige Phasen waren die Anwerbung von Gastarbeitern (z.B. Italiener) in den Nachkriegsjahrzehnten, Fluchtbewegungen (z.B. aus Ungarn, Ex-Jugoslawien) und die Personenfreizügigkeit mit der EU.

Einen detaillierten Zeitstrahl zur Migrationsgeschichte der Schweiz findest du im "Arbeitsdossier - Woche 11" auf Seite 8 ("Homo sapiens ist ein Homo migrans").

Bevölkerungsentwicklung und Migration sind dynamische Prozesse, die unsere Welt kontinuierlich formen und Gesellschaften vor grosse Herausforderungen, aber auch Chancen stellen.