Die majestätischen Alpen, das sanft gewellte Mittelland und der faltige Jura – die Landschaften der Schweiz sind unglaublich vielfältig und erzählen eine lange geologische Geschichte. Aber wie sind diese Landschaften entstanden? Insbesondere die Alpen sind das Ergebnis gewaltiger plattentektonischer Prozesse, die über Millionen von Jahren gewirkt haben. In diesem Kapitel tauchen wir ein in die Entstehung der Alpen, lernen die geologischen Bausteine der Schweiz kennen und entdecken die faszinierende Welt der Gesteine und ihres Kreislaufs.
Eine erste Orientierung über die geologischen Grosslandschaften der Schweiz bietet die Karte im "Arbeitsdossier - Woche 5" auf Seite 2.
Die Alpen sind ein sogenanntes Kollisionsgebirge. Ihre Entstehung ist ein komplexer Prozess, der eng mit der Bewegung der Afrikanischen und Eurasischen Platte zusammenhängt. Stell dir vor, wie zwei riesige Landmassen langsam, aber unaufhaltsam aufeinanderprallen.
Die Hauptphasen der Alpenbildung lassen sich vereinfacht so darstellen (basierend auf den Profilen im "Arbeitsdossier - Woche 5", Seite 4):
Im "Arbeitsdossier - Woche 5" findest du auf Seite 3 eine schematische Darstellung des Resultats der Alpenbildung (Quelle: bergundsteigen, 2012) sowie auf Seite 4 die detaillierten Profile zu den verschiedenen Zeitpunkten (Quelle: Hep, 2004). Eine Aufgabe dazu, wie du die Alpenbildung einer Schülerin erklären könntest, findest du ebenfalls auf Seite 3.
Prüfungsfrage (aus Übungsaufgaben Serie 3, Frage 3c): Erklären Sie in Kürze welche tektonischen Bewegungen und welche tektonischen Platten für die Alpenbildung verantwortlich waren.
Antwort einer gut vorbereiteten Schülerin: Für die Alpenbildung waren hauptsächlich die Afrikanische Platte (bzw. ein Teil davon, die Adriatische Platte) und die Eurasische Platte verantwortlich. Die zentrale tektonische Bewegung war eine Konvergenz, also eine Bewegung dieser Platten aufeinander zu. Dies führte zunächst zur Subduktion der ozeanischen Kruste des dazwischenliegenden Tethys-Ozeans. Als dieser Ozean geschlossen war, kam es zur Kollision der kontinentalen Teile der beiden Platten. Dabei wurden Gesteine massiv gefaltet, überschoben und zu den heutigen Alpen aufgetürmt.
Prüfungsfrage (aus Arbeitsaufgaben zur Alpenbildung, Dossier Woche 5, S.5, Frage 4a): „Das Matterhorn ist afrikanisch“. Erklären Sie dies Ihren zukünftigen Schülern.
Antwort einer gut vorbereiteten Schülerin: Das ist eine spannende Aussage! Sie bedeutet, dass die Gesteine, aus denen der Gipfel des Matterhorns besteht, ursprünglich Teil der Afrikanischen Platte waren. Während der Alpenbildung, als die Afrikanische Platte nach Norden gegen die Eurasische Platte drückte, wurden Teile der Afrikanischen Platte (genauer gesagt der Adriatischen Mikroplatte) über Gesteine der Eurasischen Platte geschoben und hochgehoben. Der Gipfel des Matterhorns besteht aus solchen überschobenen Gesteinspaketen, die man als Ostalpin (eine tektonische Einheit) bezeichnet und die einen afrikanischen Ursprung haben. Darunter liegen Gesteine des Penninikums, die ehemals Teil des Tethys-Ozeans und des europäischen Kontinentalrandes waren. Man könnte also sagen, der Hut des Matterhorns kommt aus Afrika!
Die Evidenz dafür findet man in der tektonischen Karte im Atlas (z.B. Schweizer Weltatlas, S. 27 oder Arbeitsdossier Woche 5, S.3, Tektonische Karte der Schweiz). Dort sieht man, dass der Gipfelbereich des Matterhorns (Dent-Blanche-Decke) zum Ostalpin gehört, das über dem Penninikum liegt (Antwort auf Frage 4b im Lösungsblatt).
Die Schweiz lässt sich geologisch in drei Grosslandschaften unterteilen, die sich durch ihre Entstehung, Gesteine und Oberflächenformen deutlich unterscheiden:
Im "Arbeitsdossier - Woche 5" auf Seite 2 gibt es eine Aufgabe, diese drei Grosslandschaften zu charakterisieren und ihnen bekannte Orte, Berge und Gewässer zuzuordnen. Die tektonische Karte der Schweiz (Atlas S. 27 oder Arbeitsdossier Woche 5, S.3) zeigt die Verteilung der tektonischen Einheiten.
Prüfungsfrage (aus Arbeitsaufgaben zur Alpenbildung, Dossier Woche 5, S.5, Frage 2): Erklären Sie einem Laien, wie der Napf (Kt. LU) entstanden ist.
Antwort einer gut vorbereiteten Schülerin: Der Napf im Kanton Luzern liegt im Schweizer Mittelland. Stell dir vor, als die Alpen ganz langsam durch den Zusammenstoss von Afrika und Europa entstanden und immer höher wurden, haben Flüsse und Gletscher riesige Mengen an Gesteinsschutt – Sand, Kies, Geröll – von den Alpen heruntertransportiert und im Vorland, also dem heutigen Mittelland, abgelagert. Diese Ablagerungen nennt man Molasse. Der Napf besteht aus einer besonders mächtigen und widerstandsfähigen Schicht dieser Molasse, genauer gesagt aus Nagelfluh, das ist wie natürlicher Beton aus verfestigten Flusskieseln. Weil dieses Material härter war als die Umgebung, wurde es von der späteren Erosion weniger stark abgetragen und ragt heute als markanter Berg aus der Landschaft. Er ist also ein "Rest" des riesigen Schuttfächers, der einst von den Alpen ins Vorland geschüttet wurde. Vergleichbare Berge sind zum Beispiel der Albis, das Hörnli oder der Speer.
Die Information zur Entstehung des Napf als Molasse-Erhebung findet sich im Lösungsblatt zu den Arbeitsaufgaben Alpenbildung.
Gesteine sind die festen Bestandteile der Erdkruste. Man unterscheidet drei Hauptgruppen, je nach ihrer Entstehung:
Entstehen durch Abkühlung und Erstarrung von Magma (in der Erde) oder Lava (an der Erdoberfläche).
Weitere Details zu magmatischen Gesteinen, ihrem Mineralgehalt (basische vs. saure Mineralien) und ihrer Bildung findest du im Dokument "Gesteinslehre" (aus Arbeitsdossier Woche 5) auf Seite 6.
Prüfungsfrage (aus Arbeitsaufgaben zur Alpenbildung, Dossier Woche 5, S.5, Frage 3): Die nebenstehende Plastik an der Bahnhofstrasse besteht aus Aaregranit. Wie ist dieser entstanden und wo wird er abgebaut?
Antwort einer gut vorbereiteten Schülerin: Granit ist ein magmatisches Tiefengestein (Plutonit). Er entsteht, wenn Magma langsam in grosser Tiefe in der Erdkruste abkühlt und erstarrt. Dabei haben die Mineralkristalle (Feldspat, Quarz, Glimmer) Zeit, gross zu wachsen. Der Aaregranit speziell stammt aus dem Aarmassiv, einem kristallinen Grundgebirge der Alpen. Dieses Massiv wurde während der Alpenbildung gehoben und teilweise freigelegt. Der Aaregranit wird heute zum Beispiel in Steinbrüchen in der Susten-/Gotthard-Region abgebaut.
Die Antwort und der Bezug zum Atlas (Region Susten/Gotthard) findet sich im Lösungsblatt zu den Arbeitsaufgaben Alpenbildung.
Prüfungsfrage (aus Übungsaufgaben Serie 3, Frage 3b): Erklären Sie mit Hilfe des Gesteinskreislauf, wie ein Basaltgestein entsteht.
Antwort einer gut vorbereiteten Schülerin: Basalt ist ein magmatisches Gestein, genauer gesagt ein Vulkanit. Im Gesteinskreislauf entsteht er, wenn Magma aus dem Erdmantel, das relativ arm an Kieselsäure ist (basisch), an die Erdoberfläche gelangt, dort als Lava schnell abkühlt und erstarrt. Dies geschieht typischerweise an divergenten Plattengrenzen wie den Mittelozeanischen Rücken (Seafloor Spreading) oder bei Hotspot-Vulkanismus. Durch die schnelle Abkühlung können sich nur kleine Kristalle bilden, daher ist Basalt feinkörnig.
Die Entstehung von Basalt wird im Dokument "Gesteinslehre" auf Seite 6 beschrieben.
Entstehen durch Ablagerung und Verfestigung (Diagenese) von Material an der Erdoberfläche oder in Gewässern.
Mehr zu Sedimentgesteinen, ihrer Entstehung und Beispielen steht im Dokument "Gesteinslehre" auf Seite 7.
Entstehen, wenn bereits vorhandene Gesteine (magmatische, sedimentische oder andere metamorphe) unter hohen Drücken und/oder Temperaturen tief in der Erdkruste umgewandelt werden, ohne dabei zu schmelzen.
Informationen zu metamorphen Gesteinen, den Arten der Metamorphose (Kontakt-, Regionalmetamorphose) und Beispielen findest du im Dokument "Gesteinslehre" auf Seite 8.
Die drei Gesteinsgruppen sind nicht statisch, sondern werden durch plattentektonische Prozesse und Vorgänge an der Erdoberfläche ständig ineinander umgewandelt. Diesen Zyklus nennt man den Gesteinskreislauf.
Einige Beispiele für Prozesse im Kreislauf:
Eine schematische Darstellung des Gesteinskreislaufs mit den nummerierten Prozessen (a, b, c, d) befindet sich im Dokument "Gesteinslehre" auf Seite 9, zusammen mit einer Aufgabe zur Beschreibung der Prozesse. Die Lösungen dazu verdeutlichen die Umwandlungen.
Das Wissen um die Alpenbildung, die Geologie der Schweiz und die Gesteine hilft uns, die Landschaft, in der wir leben, mit anderen Augen zu sehen und ihre Entstehungsgeschichte zu verstehen.