2.1 Grundlagen des Zellzyklus
Zellzyklus – Definition und Phasen
Der Zellzyklus beschreibt die Abfolge von Interphase und Zell(kern)teilung (Mitose oder Meiose, gefolgt von Zytokinese).
Notwendigkeit der Zellteilung: "Omnis cellula e cellula" (jede Zelle entsteht aus einer Zelle) – für Wachstum, Reparatur, Fortpflanzung.
Interphase:
- G1-Phase (Gap 1): Zellwachstum, normale Stoffwechselaktivitäten, Vorbereitung auf DNA-Synthese.
- S-Phase (Synthese): DNA-Replikation (Verdopplung der Chromatinfäden); jedes Chromosom besteht danach aus zwei identischen Schwesterchromatiden.
- G2-Phase (Gap 2): Weiteres Wachstum, Vorbereitung auf die Mitose/Meiose, Synthese von Proteinen für die Zellteilung.
Erbmaterial im Zellkern
- Chromatin: Die Arbeitsform des Erbguts in der Interphase. Es ist ein Komplex aus DNA und Proteinen (Histonen), der entspiralisiert und aufgelockert ist, sodass Gene abgelesen werden können.
- Chromosomen: Die Transportform des Erbguts während der Mitose und Meiose. Das Chromatin kondensiert (spiralisiert sich stark) zu kompakten Strukturen.
- 1-Chromatid-Chromosom: Besteht aus einem DNA-Doppelstrang (einem Chromatid).
- 2-Chromatid-Chromosom: Entsteht nach der S-Phase; besteht aus zwei genetisch identischen Schwesterchromatiden, die am Zentromer zusammenhängen.
Karyogramm des Menschen und wichtige Begriffe
Ein Karyogramm ist die geordnete Darstellung aller Chromosomen einer Zelle.
- Diploider Chromosomensatz (2n): Körperzellen des Menschen haben 46 Chromosomen, angeordnet in 23 Paaren (2n=46).
- Homologe Chromosomen: Die Chromosomen eines Paares. Eines stammt vom Vater, eines von der Mutter. Sie tragen Gene für die gleichen Merkmale, aber möglicherweise unterschiedliche Allele.
- Autosomen: Chromosomenpaare 1-22; für beide Geschlechter gleich.
- Gonosomen (Geschlechtschromosomen): Das 23. Chromosomenpaar; bestimmt das Geschlecht (XX bei Frauen, XY bei Männern).
- Haploider Chromosomensatz (n): Keimzellen (Gameten) haben nur 23 einzelne Chromosomen (n=23).
- Weitere Begriffe:
- Genom: Gesamte Erbinformation einer Zelle.
- Gameten: Geschlechtszellen (Eizelle, Spermium).
- Zygote: Befruchtete Eizelle (diploid).
- Zentromer: Verbindungsstelle der Schwesterchromatiden.
2.2 Mitose (Zellkernteilung für Körperzellen)
Bedeutung der Mitose
- Wachstum: Erhöhung der Zellzahl für das Wachstum eines Organismus.
- Erneuerung und Reparatur: Ersatz abgestorbener oder beschädigter Zellen in Geweben.
- Asexuelle Vermehrung: Bei Einzellern und manchen Pflanzen zur Erzeugung genetisch identischer Nachkommen.
- Beibehaltung des Chromosomensatzes: Die Tochterzellen erhalten den gleichen (diploiden) Chromosomensatz wie die Mutterzelle.
Phasen der Mitose
- Prophase:
- Das Chromatin kondensiert zu sichtbaren 2-Chromatid-Chromosomen.
- Die Kernhülle und das Kernkörperchen lösen sich auf.
- Der Spindelapparat bildet sich aus Mikrotubuli zwischen den Zellpolen.
- Metaphase:
- Die Chromosomen ordnen sich einzeln in der Äquatorialebene (Metaphaseplatte) der Zelle an.
- Die Spindelfasern heften sich an die Zentromere der Chromosomen.
- Anaphase:
- Die Schwesterchromatiden jedes Chromosoms trennen sich am Zentromer.
- Die nun entstandenen 1-Chromatid-Chromosomen werden von den Spindelfasern zu den entgegengesetzten Zellpolen gezogen.
- Telophase:
- Die Chromosomen erreichen die Pole und beginnen zu dekondensieren (entspiralisieren) zurück zu Chromatin.
- Neue Kernhüllen und Kernkörperchen bilden sich um die Chromosomensätze an beiden Polen.
- Der Spindelapparat löst sich auf.
Zytokinese (Zellteilung)
Die Teilung des Zytoplasmas folgt meist direkt auf die Telophase.
- Tierische Zelle: Bildung einer Teilungsfurche durch Einschnürung der Zellmembran von außen nach innen.
- Pflanzliche Zelle: Bildung einer Zellwandplatte in der Mitte der Zelle, die von innen nach außen wächst und die Zelle teilt.
Ergebnis der Mitose und Zytokinese: Zwei genetisch identische Tochterzellen (Klone) mit dem gleichen (meist diploiden) Chromosomensatz wie die Mutterzelle.
2.3 Meiose (Zellkernteilung für Keimzellen)
Bedeutung der Meiose
- Reduktion des Chromosomensatzes: Von diploid (2n) auf haploid (n). Notwendig, damit bei der Befruchtung die artspezifische Chromosomenzahl erhalten bleibt.
- Erzeugung genetischer Vielfalt: Durch Rekombination entstehen genetisch unterschiedliche Keimzellen, was die Grundlage für die Variabilität von Nachkommen bei sexueller Fortpflanzung ist.
Die Meiose besteht aus zwei aufeinanderfolgenden Reifeteilungen (Meiose I und Meiose II).
Ablauf der Meiose I (Reduktionsteilung)
- Prophase I:
- Chromatin kondensiert zu 2-Chromatid-Chromosomen.
- Paarung der homologen Chromosomen (Synapsis) unter Bildung von Tetraden (Bivalenten).
- Crossing-over: Austausch von genetischem Material zwischen Nicht-Schwesterchromatiden homologer Chromosomen. Dies führt zur intrachromosomalen Rekombination.
- Kernhülle löst sich auf, Spindelapparat bildet sich.
- Metaphase I:
- Die homologen Chromosomenpaare ordnen sich in der Äquatorialebene an.
- Die zufällige Ausrichtung der Paare (mütterliches/väterliches Chromosom eines Paares zeigt zu einem bestimmten Pol) führt zur interchromosomalen Rekombination.
- Anaphase I:
- Die homologen Chromosomenpaare trennen sich. Die 2-Chromatid-Chromosomen (bestehend aus Schwesterchromatiden) wandern zu den entgegengesetzten Polen. Die Schwesterchromatiden bleiben dabei verbunden.
- Telophase I und Zytokinese:
- An jedem Pol befindet sich nun ein haploider Satz von 2-Chromatid-Chromosomen.
- Es entstehen zwei haploide Tochterzellen.
Ablauf der Meiose II (Äquationsteilung)
Die Meiose II verläuft ähnlich wie eine Mitose, startet aber mit haploiden Zellen, die 2-Chromatid-Chromosomen enthalten.
- Prophase II: Spindelapparat bildet sich neu (falls er sich aufgelöst hatte).
- Metaphase II: Die 2-Chromatid-Chromosomen ordnen sich in der Äquatorialebene an.
- Anaphase II: Die Schwesterchromatiden trennen sich. Die entstandenen 1-Chromatid-Chromosomen wandern zu den Polen.
- Telophase II und Zytokinese:
- Kernhüllen bilden sich um die haploiden Sätze von 1-Chromatid-Chromosomen.
- Es entstehen insgesamt vier genetisch unterschiedliche, haploide Keimzellen (Gameten).
Genetische Vielfalt durch Meiose
Die Meiose ist entscheidend für die genetische Variabilität bei sexuell fortpflanzenden Organismen durch:
- Crossing-over in der Prophase I: Neu-Kombination von Allelen auf den Chromatiden.
- Zufällige Verteilung der homologen Chromosomen in der Metaphase I: Verschiedene Kombinationen mütterlicher und väterlicher Chromosomen in den Keimzellen.
Gametenbildung (Geschlechtszellen)
- Spermatogenese (Mann): Aus einer diploiden Stammzelle entstehen durch Meiose vier gleich große, haploide Spermien. Kontinuierliche Produktion ab der Pubertät.
- Oogenese (Frau): Aus einer diploiden Stammzelle entsteht durch Meiose eine große, haploide Eizelle und drei kleine, funktionslose Polkörperchen (die absterben). Die Produktion ist zyklisch (Menstruationszyklus) und endet mit der Menopause.
2.4 Fortpflanzungszyklus und Fortpflanzungsarten
Fortpflanzungszyklus des Menschen
Ein typischer Kreislauf bei sexuell fortpflanzenden Organismen:
- Meiose: Produziert haploide Gameten (Eizellen, Spermien).
- Befruchtung: Verschmelzung einer Eizelle und eines Spermiums zur diploiden Zygote.
- Mitose: Die Zygote teilt sich durch Mitose, um einen vielzelligen Organismus zu bilden (Wachstum und Entwicklung).
Sexuelle vs. Asexuelle Fortpflanzung
Sexuelle Fortpflanzung (geschlechtlich, generativ):
- Erfordert zwei Elterntiere (oder zwittrige Individuen).
- Bildung von Gameten durch Meiose.
- Rekombination (Crossing-over, zufällige Chromosomenverteilung) während der Meiose und Befruchtung (Kombination zweier Genome) führen zu genetischer Vielfalt bei den Nachkommen.
- Vorteil: Erhöhte Anpassungsfähigkeit an veränderte Umweltbedingungen.
- Nachteil: Aufwändiger (Partnersuche, Gametenbildung).
Asexuelle Fortpflanzung (ungeschlechtlich, vegetativ):
- Nur ein Elterntier beteiligt.
- Nachkommen entstehen durch Mitose.
- Nachkommen sind genetisch identisch mit dem Elterntier (Klone).
- Vorteil: Schnell, energieeffizient, gut an konstante Umweltbedingungen angepasst.
- Nachteil: Geringe genetische Variabilität, schlechtere Anpassung an neue Bedingungen.