In der Biologie wirst du dich heute weiter mit dem gelernten Stoff auseinander setzten.

Hier ist ein Text und das dazugehörige Hörbuch. Es geht 13min. Du hast also Zeit es 2mal zu hören.

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Bitte mach dich locker und folge dem Flow des Text zweimal. Es wird schon in dein Gehirn reingehen. Am besten, je entspannter du bist. ;)

Kapitel 1 - Was ist Leben und wie ordnen wir es

Herzlich willkommen zu unserer gemeinsamen Reise in die faszinierende Welt der Biologie. Biologie – die Lehre vom Leben. Ein Wort, das so einfach klingt, aber eine unermessliche Vielfalt und Komplexität umfasst. Sicher hast auch du dich schon einmal gefragt: Was genau ist eigentlich Leben? Was unterscheidet die summende Biene auf einer Blüte vom Stein, auf dem du sitzt? Warum wächst ein Baum, aber ein Haus nicht?

Die Biologie versucht, auf diese grundlegenden Fragen Antworten zu finden. Sie ist tief in unserer menschlichen Natur verwurzelt. Wir halten Haustiere, pflegen Zimmerpflanzen, besuchen Zoos oder wandern durch Naturparks – wir fühlen uns instinktiv mit anderen Lebensformen verbunden und sind neugierig auf sie. Die Biologie ist der wissenschaftliche Zweig dieser Neigung. Sie nimmt uns mit auf Abenteuer, sei es in den tropischen Regenwald, in die Tiefen der Meere oder, wie wir es hier tun, auf eine gedankliche Reise zu den fundamentalen Prinzipien, die alles Lebendige vereinen.

Um das Lebendige vom Unlebendigen zu unterscheiden, haben Biologen eine Reihe von Merkmalen definiert, die wir als die Kennzeichen des Lebens bezeichnen. Stell dir diese Kennzeichen wie eine Checkliste vor.

Das erste und vielleicht grundlegendste Merkmal ist der zellige Aufbau. Alles, was wir als lebendig betrachten, besteht aus mindestens einer Zelle – dem kleinsten Baustein des Lebens, der für sich allein lebensfähig sein kann. Ob winziges Bakterium oder riesiger Wal, die Zelle ist die Basis.

Lebewesen zeigen auch Bewegung. Das muss nicht immer das Laufen oder Fliegen sein, wie wir es von Tieren kennen. Auch Pflanzen bewegen sich, öffnen ihre Blüten, ranken sich dem Licht entgegen oder bewegen Stoffe in ihrem Inneren. Selbst die innere Bewegung von Zellbestandteilen gehört dazu.

Ein weiteres klares Zeichen ist das Wachstum. Lebewesen nehmen Stoffe auf und werden dadurch grösser und entwickeln sich. Denk an einen Samen, aus dem eine grosse Pflanze wird, oder an ein Baby, das zu einem Erwachsenen heranwächst.

Eng damit verbunden ist der Stoffwechsel. Lebewesen sind offene Systeme, sie tauschen ständig Stoffe und Energie mit ihrer Umwelt aus. Sie nehmen Nahrung auf, verarbeiten sie, gewinnen daraus Energie und Baustoffe und scheiden Abfallprodukte wieder aus. Dieser gesamte Prozess – Aufnahme, Umwandlung, Abgabe – ist der Stoffwechsel. Die gezielte Abgabe von Abfallprodukten nennen wir Exkretion.

Lebewesen reagieren auf ihre Umwelt. Das nennen wir Reizbarkeit. Wenn sich die Lichtverhältnisse ändern, passt sich deine Pupille an. Wenn eine Pflanze einseitig beleuchtet wird, wächst sie zum Licht hin.

Ein ganz zentrales Merkmal ist die Fortpflanzung. Lebewesen können Nachkommen erzeugen und so ihre Art erhalten. Das kann sexuell geschehen, durch die Verschmelzung von Keimzellen, oder asexuell, zum Beispiel durch Teilung, wie bei vielen Einzellern.

Damit Fortpflanzung überhaupt Sinn macht, müssen Merkmale an die nächste Generation weitergegeben werden. Das geschieht durch die Vererbung. Die Bauanleitung für die Merkmale ist im Erbgut, der DNA, gespeichert und wird an die Nachkommen weitergegeben. Aber diese Weitergabe ist nicht immer 1:1 perfekt. Das Erbgut kann sich zufällig verändern – das ist die Mutabilität.

Aus Vererbung und Mutabilität, aber auch durch den Einfluss der Umwelt, entsteht die unglaubliche Vielfalt des Lebens. Denk nur an die unzähligen Formen, Farben und Lebensweisen von Tieren und Pflanzen! Jedes Lebewesen hat seine charakteristische Gestalt, die aber innerhalb gewisser Grenzen variieren kann.

Trotz dieser Vielfalt müssen Lebewesen ihr inneres Gleichgewicht aufrechterhalten. Sie besitzen Mechanismen zur Regulation. Denk an deine Körpertemperatur, die relativ konstant bleibt, egal ob es draussen heiss oder kalt ist. Lebewesen können auf Störungen reagieren und versuchen, ihr inneres Milieu stabil zu halten.

Und schliesslich sind alle Lebewesen von ihrer Umwelt abhängig. Sie sind an ihren spezifischen Lebensraum angepasst und können oft nur dort optimal überleben.

Wenn wir die Kennzeichen des Lebens betrachten, müssen wir uns auch kurz mit dem Gegenteil befassen: dem Tod. Wann endet das Leben? Auch das ist nicht so einfach zu definieren. In der Medizin unterscheidet man oft den klinischen Tod – Herz und Lunge stehen still, aber eine Wiederbelebung ist vielleicht noch möglich – vom Hirntod, dem endgültigen, unumkehrbaren Ausfall aller Hirnfunktionen. Der Hirntod gilt heute als der Tod des Individuums und ist die Voraussetzung für eine Organspende. Der biologische Tod tritt ein, wenn alle Zellfunktionen zum Erliegen kommen, und der genetische Tod, wenn selbst die DNA zerstört ist.

Das Leben ist also durch bestimmte Merkmale gekennzeichnet. Aber wie ist dieses Leben strukturiert? Biologen betrachten das Leben auf verschiedenen Organisationsstufen, wie die Stockwerke eines Hauses, die aufeinander aufbauen.

Ganz unten, auf der chemischen Ebene, finden wir Atome, die sich zu Molekülen verbinden. Bestimmte grosse Moleküle, die Biomoleküle, bilden die Bausteine des Lebens. Diese Moleküle organisieren sich zu komplexeren Strukturen innerhalb der Zelle, den Zellorganellen, wie winzigen Organen mit spezifischen Aufgaben. Mehrere Organellen bilden zusammen die Zelle, die kleinste lebende Einheit. Gleichartige Zellen schliessen sich zu Geweben zusammen, zum Beispiel Muskelgewebe oder Nervengewebe. Verschiedene Gewebe bilden ein Organ, wie das Herz oder das Blatt einer Pflanze. Mehrere Organe, die zusammen eine bestimmte Funktion erfüllen, bilden ein Organsystem, zum Beispiel das Verdauungssystem oder das Atmungssystem. All diese Organsysteme zusammen ergeben einen Organismus, ein einzelnes Lebewesen.

Aber die Organisation hört hier nicht auf. Individuen einer Art, die in einem Gebiet leben, bilden eine Population. Verschiedene Populationen, die zusammenleben und interagieren, bilden eine Lebensgemeinschaft oder Biozönose. Die Biozönose zusammen mit ihrem unbelebten Lebensraum, dem Biotop (also Licht, Wasser, Temperatur, Boden), bildet ein Ökosystem, zum Beispiel einen Wald oder einen See. Und die Gesamtheit aller Ökosysteme auf der Erde nennen wir die Biosphäre. Diese hierarchische Struktur hilft uns, die komplexen Zusammenhänge im Lebendigen zu verstehen.

Bei dieser unglaublichen Vielfalt an Lebensformen braucht es eine Möglichkeit, Ordnung zu schaffen und Lebewesen eindeutig zu benennen und zu klassifizieren. Das ist die Aufgabe der Systematik oder Taxonomie. Stell dir vor, du müsstest Millionen von Büchern ohne ein Ordnungssystem finden – unmöglich! Genauso ist es mit den Lebewesen.

Der Schwede Carl von Linné hat im 18. Jahrhundert ein System entwickelt, das wir im Prinzip heute noch verwenden: die binäre Nomenklatur. Jede Art erhält einen zweiteiligen wissenschaftlichen Namen, meist aus dem Lateinischen oder Griechischen. Der erste Teil bezeichnet die Gattung, der zweite Teil ist das Art-Epithet. Zum Beispiel Felis catus für die Hauskatze oder Betula pendula für die Hängebirke. Dieser wissenschaftliche Name ist international eindeutig und vermeidet Verwechslungen, die bei Trivialnamen (wie „Birke“) leicht passieren können.

Die Systematik ordnet die Lebewesen aber nicht nur, sie versucht auch, ihre Stammesgeschichte, ihre evolutionären Verwandtschaftsbeziehungen, abzubilden. Das nennt man Phylogenie. Heutzutage helfen dabei vor allem genetische Analysen, also Vergleiche der DNA.

Die Klassifizierung erfolgt in einem hierarchischen System von Rängen oder Taxa. Die grundlegendste Einheit ist die Art. Ähnliche Arten werden zu einer Gattung zusammengefasst. Ähnliche Gattungen bilden eine Familie, Familien eine Ordnung, Ordnungen eine Klasse, Klassen einen Stamm (bei Tieren) oder eine Abteilung (bei Pflanzen), und Stämme oder Abteilungen bilden ein Reich. Manchmal gibt es noch Zwischenstufen oder unterhalb der Art Unterarten, Rassen (bei Tieren) oder Sorten (bei Pflanzen). Je höher die Stufe, desto allgemeiner sind die gemeinsamen Merkmale und desto weiter liegt der gemeinsame Vorfahre zurück.

Traditionell teilt man das Leben in fünf grosse Reiche ein, basierend auf Zelltyp, Zellzahl und Ernährungsweise:

Kernlose Einzeller (Prokaryoten, Reich Monera): Das sind die Bakterien und Archaeen. Ihre Zellen (Procyten) sind klein, einfach gebaut, ohne Zellkern und membranumhüllte Organellen. Sie waren die ersten Lebewesen.

Echte Einzeller (Protisten): Eine sehr vielfältige Gruppe von eukaryotischen Einzellern (Eucyten), die einen Zellkern und Organellen besitzen. Dazu gehören Algen und Urtierchen (Protozoen). Sie sind sozusagen der „Rest“, der nicht zu den anderen drei eukaryotischen Reichen passt.

Pilze (Fungi): Eukaryoten, meist mehrzellig (bilden ein Fadennetz, das Mycel), mit Zellwänden aus Chitin. Sie ernähren sich heterotroph durch Absorption von Nährstoffen aus ihrer Umgebung und sind wichtige Zersetzer.

Pflanzen (Plantae): Mehrzellige Eukaryoten mit Zellwänden aus Cellulose. Sie sind meist autotroph und betreiben Fotosynthese. Sie bilden die Basis vieler Ökosysteme.

Tiere (Animalia): Mehrzellige Eukaryoten ohne Zellwände. Sie ernähren sich heterotroph, indem sie Nahrung aufnehmen und intern verdauen. Sie sind meist beweglich.

Und wo passen nun die Viren hinein? Viren sind winzig, viel kleiner als Bakterien. Sie bestehen im Grunde nur aus genetischem Material – DNA oder RNA – verpackt in einer Proteinhülle. Sie haben keinen eigenen Stoffwechsel, keine Zellen, keine Ribosomen. Sie können sich nicht selbst vermehren. Dafür müssen sie eine lebende Wirtszelle befallen und deren Maschinerie kapern, um neue Viren zu produzieren. Ausserhalb einer Zelle sind sie nur unbelebte Partikel, manchmal sogar kristallisierbar. Obwohl sie Erbgut besitzen und evolvieren können, erfüllen sie die meisten Kennzeichen des Lebens nicht. Deshalb stehen sie am Rande des Lebens und werden meist nicht als Lebewesen betrachtet.

So, das war unser erster Einblick in die Grundlagen der Biologie. Wir haben gesehen, was Leben ausmacht, wie es strukturiert ist von der Zelle bis zur Biosphäre, und wie Biologen versuchen, die immense Vielfalt durch Klassifizierung zu ordnen. Wir haben die fünf grossen Reiche kennengelernt und die besondere Stellung der Viren diskutiert.

Im nächsten Kapitel werden wir tiefer eintauchen – in die faszinierende Welt der Zelle, des Grundbausteins allen Lebens.